Mittwoch, 19. Mai 2010

Kapitel 5

Was tue ich eigentlich hier? Will ich dem Menschen, den ich seit fast 10 Monaten nicht mehr sah, verzeihen? Bin ich hier hergekommen, weil ich zu schwach bin etwas alleine zu schaffen? Sowieso.. Ich hätte nie gedacht, dass ich eines Tages vollkommen auf mich allein gestellt bin. Ich war nie ohne ihn, ohne Tom. Habe ich es verdient alleine zu sein?

Bevor ich weiter darüber nachdenken kann öffnet sich eine Tür neben der, in die ich so lange Zeit gegangen war, um „nach Hause“ zu gelangen. „Oh, Hallo!“, begrüßt mich eine Frau, die ich nicht kenne. Sie scheint überrascht zu sein. „Hallo“, erwidere ich. Die Frau ist etwa im Alter meiner Mutter, hat braune Locken und sieht sehr hübsch aus. Sie steht vor mir, ich frage mich, was sie denkt. „Bist du nicht Bill Kaulitz?“
Wieder zucke ich bei meinem eigenen Namen zusammen. Dann nicke ich. „Wir wohnen erst seit sechs Monaten hier, deswegen kennen wir uns nicht!“, erklärt sie mir. „Ich.. ich wohne nicht mehr hier..“, sage ich leise und sie schaut erstaunt, sagt aber nichts, hält mir stattdessen ihre Hand hin und sagt: „Ich bin Katrin“, stellt sie sich vor. „Bill“, sage ich während ich ihre Hand nehme. „Du siehst so anders aus. Ich hätte dich beinahe nicht erkannt.“

Während Katrin erzählt schweifen meine Gedanken, wie so oft in letzter Zeit, ab. Es stimmt, ich sehe tatsächlich anders aus. Ich habe ganz „normale“ kurze Haare und bin im Alltag so gut wie ungeschminkt. Meine Augenringe verstecke ich mit Concealer, der Rest interessiert mich meistens nicht. Mein Kleidungsstil ist inzwischen auch alles andere als Extravagant. Wenn ich darüber nachdenke, dass ich vor nicht allzu langer Zeit auf Fashion-Shows gelaufen bin, muss ich schmunzeln. Ich versuche einfach nicht aufzufallen, den Blicken der Menschen zu entgehen. Ja, ich bin Bill Kaulitz. Aber ich heiße einfach nur Bill. ‚Kaulitz’ bedeutet mir überhaupt nichts mehr. Zu tief sind die Wunden, die die letzte Zeit bei mir hinterlassen hat.

„Bill, hast du mir zugehört?“, höre ich Katrin fragen. Ich schaue sie an und fordere sie auf es zu wiederholen. Mein Blick fällt auf einen Umschlag, den sie mir vors Gesicht hält. „Was ist das?“ Manchmal ärgere ich mich darüber, dass ich so abwesend bin, wenn ich nachdenke, dass ich gar nichts um mich herum wahrnehme.

„Ich habe den Umschlag an mich genommen. Er steckte vor ein paar Tagen bei euch in der Haustür. Steht dein Name drauf.“ Ich nehme den Umschlag an mich und bedanke mich. „Ich muss leider wieder los. Vielleicht sieht man sich ja mal“, sagt sie, bevor sie wieder ins Haus verschwindet. Ich sehe auf den Umschlag und ein kalter Schauer zieht über meinen ganzen Körper, als ich meinen Namen in der Schrift meines Bruders erkenne.

Mein Körper zittert, als ich um das Haus herum gehe und mich auf eine Bank setze, die im Anlageneigenen Park steht. Angst durchfährt mich, während ich darüber nachdenke, dass es er sich, bevor ich mich bei ihm meldete, bei mir gemeldet hatte. Ob irgendwas passiert war? Die Angst war so plötzlich so stark, ich konnte nur mit Mühe wegen des Zitterns meiner Hände, den Umschlag öffnen. Wenn mich das Alles so sehr berührte konnte mir das Alles doch nicht so egal sein, oder? Hatte der Name ‚Kaulitz’ für mich vielleicht doch noch eine Bedeutung? Gab es Hoffnung? Für mich? Für uns? Diese Hoffnung wurde jäh zerstört als ich die Zeilen las.
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Mein lieber Bill!
Ich schreibe dir seit Wochen und langsam halte ich es nicht mehr aus. Die Briefe kommen zurück mit einem Stempel, ‚VERZOGEN’ steht drauf. Ich schrieb dir immer wieder, in der Hoffnung du würdest die Briefe bekommen. Aber immer wieder kommen sie zurück. Das hier ist der letzte Versuch. Ich bin nach Hamburg gekommen, um mich davon zu überzeugen, ob du weg bist. Und du bist es. Ich suche dich, habe keine Ahnung, wo ich noch suchen soll, weiß nicht, wo du bist. Es zerreißt mich!
Ich habe ein neues Handy, ich wohne in der Innenstadt, bin aber grad in einer Klinik. Ich will ja was ändern, aber es ist so schwer. Ich muss was ändern, weil es sonst keinen Ausweg gibt. Ich habe es übertrieben. Ich weiß das. Und die Ärzte wissen es jetzt auch. Ich versuche es ja.
Ich möchte gar nicht so viel hier schreiben, denn ich weiß nicht, ob du den Brief jemals in die Hände bekommst oder jemand Anderes diesen liest. Ich hänge dir einen Zettel mit Kontaktdaten an. Ich hoffe, dass du dich eines Tages meldest. Ich weiß, dass du sauer bist und mich nicht sehen willst. Deine Enttäuschung verstehe ich. Und auch, dass du sauer bist.
Aber ich hoffe, dass du mir noch einmal verzeihen kannst.
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Ich atme kurz ein, bevor ich weiterlese und das Schrecklichste überhaupt erst zu lesen bekomme.
Das, was ich da lese, wird mir innerhalb kürzester Zeit den Boden unter den Füßen wegreißen...

2 Kommentare:

  1. 'Mein lieber Bill' - neeneenee Tommi, so ja mal nicht =D.

    Ich bin froh, du hast es total gut weitergbracht, ich hatte nämlich keine Ahnung, was jetzt passieren sollte. Noch weniger wüsste ich, wie es JETZT weitergehen soll, aber das liegt ja nicht in meiner Hand :D <3

    Irgendwie hab ich jetzt ein Bild von Juan vor meinem inneren Auge, wenn ich an Bill denke.. Kurze Haare, ungeschminkt? Heeeeeerrje :D Aber es ist gut, so merkt man, wie viel passiert sein muss.

    Aaaaach, ich bin gespannt! Und jetzt haben wir eine neue Person, was könnte man denn so schönes mit der anstellen? :D Jetzt hab ich das Gefühl, die Geschichte geht wirklich los. In welche Richtung sie auch immer gehen sollte, jetzt geht es los :)

    Ich freue mich riesig. wie jeden Abend. Es ist so gut. Alles. Ein schöner neuer Teil mit einer Menge neuer Einflüsse, die wir jetzt überall mit einstricken können. (: Super <3Ich bin so gespannt. Es macht mich froh. Ich liebe dich (:

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  2. Schatz!!!
    Ich muss gleich zu Beginn zur letzten Zeile kommen! -> Hilfe!! =D
    So und jetzt von vorne. (:
    Der Teil ist toll geworden! =)
    Katrin erinnert mich vom Aussehen an jemanden. (:
    Und sie ist nett und mir wirklich sympathisch. (:
    Ich finde die Stelle toll, in der du beschreibst wie B. jetzt aussieht. Wenn man sich das vorstellt. Dass er in der Menge verschwinden will. Brrr. =(

    Den Brief von Tom finde ich guuuuuuuut! (:
    Der hat mich sehr gefreut(:
    Aber das Ende?! OH. MEIN. GOTT.
    Was soll da stehen?! Was bloß?! Das liegt jetzt in meinen Händen?!
    Wow! Das ist wirklich eine ziemliche Herausforderung, aber das freut und reizt mich! (:
    Ich werde mir Morgen die Zeit nehmen nachzudenken wie es weitergehen wird und dann schreiben. (:

    Ein klasse Teil!
    Jetzt habe ich so eine Art Adrenalinschub in mir oder so eine innere Aufregung oder wie man es beschreiben soll...
    Das ist richtig klasse!!!
    Ich liebe dich. <3

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